Weltkatastrophe als Schulstoff?

Tatsächlich stellt sich die Frage mit aller Brisanz: Worauf hin soll man bilden? Welche Unterrichtsinhalte braucht es für das Überleben des Menschen im 21. Jahrhundert?

Bilanziert man nämlich die aktuellen Verlautbarungen der Wissenschaften zur Zukunft des Menschen auf diesem Planeten, sieht es düster aus. Am allerdüstersten wohl im schmalen Buch von Stephen Emmott, Zehn Milliarden, Suhrkamp 2013. Dessen Fazit – nach Durchgang durch alle wesentlichen Entwicklungen (Weltbevölkerung, Temperaturanstieg, Artensterben, Emissionen, Wasserverbrauch und andere), nach Prüfung aller denkbaren Lösungen – ist schlicht und einfach dieses: „Wenn wir eine globale Katastrophe verhindern wollen, müssen wir irgendetwas Radikales tun – und ich meine wirklich tun. Aber ich glaube nicht, dass wir das machen werden. Ich glaube, wir sind nicht mehr zu retten.“ Verglichen mit Emmott, Professor in Oxford und wissenschaftlicher Leiter eines Microsoft-Labors, das zur Zukunft unseres Planeten forscht, sind die Schriften eines Harald Welzer zum Beispiel geradezu optimistisch zu nennen.

Wir sind daran unseren Planeten – um eine kühne Metapher zu verwenden – an die Wand zu fahren. Das Schlimme daran: Wir wissen das, tun jedoch wenig bis nichts, um das Verhängnis abzuwenden.
Kinder pflegen sich die Hände vors Gesicht zu halten und zu sagen: „Gäll, du gsesch mi nööd!“ Erwachsene „verdrängen“, „verleugnen“ Unangenehmes oder wehren es ab, indem sie ihm Namen geben wie „Ereignis“ für einen AKW-Unfall oder „Alarmismus“ für solche Berichte zur Zukunft des Planeten. Und leben ihr Leben weiter, als ob sie nicht wüssten. Die Fakten jedoch bleiben.

Erwachsene lesen Zeitung, sehen Tagesschau, sind informiert, verdrängen aber, um ihren Alltag lebbar zu machen.
Kinder und Jugendliche gehen zur Schule, wo sie zu mündigen, selbstbewussten Citoyens gemacht werden, die den Herausforderungen der Welt von morgen gewachsen sein soll(t)en. Wie man das tun könnte, haben viele gesagt(zB. Lisa Rosa. Oder R. D. Precht). Das Was jedoch wird zwar ausformuliert in den jeweiligen Lehrplänen (zB. im Lehrplan 21), aber ich frage mich, ob die angebotenen Inhalte wirklich zur obgenannten Faktenlage passen resp. ob sie genügen, um die Notwendigkeit des „radikale Umdenkens“ begreiflich zu machen.
Griffiger noch: Soll die Schule die Kinder und Jugendlichen mit solch tristen Fakten konfrontieren, die Hoffnungslosigkeit à la Emmett erzeugen (auch wenn die Tatsache, dass er sein Buch publiziert, vermutlich vom Gegenteil zeugt)? Um damit zumindest eine Haltung des „Du-hast-keine-Chance-also-nutze-Sie!“ ausbilden zu helfen, vielleicht?
Darf Schule das?

Wie soll Schule dem „beispiellosen Notfall planetarischen Ausmasses“ (Emmett) begegnen? Die Frage stellt sich tatsächlich mit aller Brisanz.

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